Schenkung von Immobilien aus umsatzsteuerlicher Sicht

Für viele Vermieter stellt sich die Frage, wie sie anlässlich der Schenkung einer bisher vermieteten Immobilie umsatzsteuerlich vorgehen sollen. Um eine richtige Entscheidung treffen zu können, sind tiefgehende Kenntnisse des Umsatzsteuergesetzes notwendig.

In einem ersten Schritt muss man verstehen, was ein Eigenverbrauch aus umsatzsteuerlicher Sicht darstellt. Der Eigenverbrauch stellt ein steuerliches Hilfsmittel dar. Unternehmer können sich die Umsatzsteuern (= Vorsteuern), die in Rechnungen angeführt sind, vom Finanzamt zurückholen. Wenn ein Unternehmer (das ist auch ein Vermieter) einen Gegenstand mit Vorsteuerabzug erwirbt und gleich danach in sein Privatvermögen entnimmt, wäre es unfair anderen Privaten gegenüber, wenn dieser Unternehmer das Recht auf den Vorsteuerabzug behält. Der Eigenverbrauch soll den Vorsteuerabzug rückgängig machen.

Eigenverbrauch liegt immer vor, wenn eine Immobilie (oder ein Immobilienteil) auf Dauer in den privaten Bereich überführt wird und für die Immobilie oder deren Teile der Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde.

Die Schenkung einer Immobilie führt zum Entnahmeeigenverbrauch. Der Entnahmeeigenverbrauch ist in § 3 Abs 2 UStG geregelt. Grundsätzlich ist die Entnahme einer Liegenschaft nach § 6 Abs 1 Z 9 UStG steuerfrei. Der Vermieter muss die Entnahme keiner Umsatzsteuer unterwerfen. Allerdings muss er die geltend gemachten Vorsteuerbeträge zeitlich anteilig zurückzahlen. Der Vermieter kann aber ein Wahlrecht nutzen, eine sogenannte Option nach § 6 Abs 2 UStG. Der Entnahmeeigenverbrauch wird steuerpflichtig mit den Wiederbeschaffungskosten angesetzt und eine Vorsteuerkorrektur muss nicht mehr vorgenommen werden. Das klingt vermutlich noch immer sehr kompliziert.

Ein Beispiel kann hier helfen:

Ein Haus wurde im Jahr 2010 von Herrn Müller erworben. Er zahlte € 600.000 für die Liegenschaft. Ein Vorsteuerabzug wurde nicht geltend gemacht. Das Haus wurde in Folge umsatzsteuerpflichtig zu Wohnzwecken vermietet. 2011 wurden die Fenster des Hauses ausgetauscht. Herr Müller machte aus der Rechnung des Monteurs die Vorsteuer geltend. Die Vorsteuer betrug € 2.000, da die Fenster netto € 10.000 kosteten. 2016 schenkte Herr Müller seinem Sohn die Liegenschaft. Zu diesem Zeitpunkt war das Haus samt Garten € 700.000 wert. Zur Erinnerung: Das Haus selbst wurde ohne Vorsteuerabzug erworben. Die Wiederbeschaffungskosten für die Fenster (in gebrauchtem Zustand) liegen einfachheitshalber weiterhin bei € 10.000. Herr Müller muss anlässlich der Schenkung die Eigenverbrauchsbesteuerung berücksichtigen.

Herr Müller hat nun zwei Möglichkeiten:

  1. Herr Müller behandelt den Entnahmeeigenverbrauch nicht steuerbar (d. h. ohne Option = Grundregel)Da die Option nicht ausgeübt wurde, ist die Vorsteuer aus 2011 anteilig zu berichtigen und an das Finanzamt zurückzahlen. Da die Immobilie vor dem 1.4.2012 vermietet wurde, liegt der Berichtigungszeitraum bei 9 Jahren*. Der Zeitraum endet daher 2020. Der Vorsteuerabzug steht Herrn Müller für die Jahre 2011 bis 2015 zu. Das sind fünf Jahre. Die restlichen 5/10 des damaligen Vorsteuerabzugs muss Herr Müller 2016 an das Finanzamt zurückzahlen, somit € 1.000.
  2. Herr Müller nutzt die Option zur Steuerpflicht des Eigenverbrauchs (Option nach § 6 Abs 2 UStG)Der Eigenverbrauch ist mit € 2.000 steuerpflichtig. Zur Erinnerung: Die Wiederbeschaffungskosten wurden mit € 10.000 angenommen. Herr Müller müsste grundsätzlich € 2.000 an das Finanzamt abführen. Da sein Sohn die Vermietung fortsetzt, besteht eine andere Möglichkeit. Er legt seinem Sohn eine Rechnung in Höhe von € 2.000 mit dem Hinweis auf § 12 Abs 15 UStG. Führt der Sohn die Vermietung fort, ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt und kann sich die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer zurückholen. Für die Familie Müller handelt es sich um ein Nullsummenspiel, wenn der Sohn die Vermietung fortsetzt.

Variante 2 wird daher sinnvoll sein, wenn der Sohn die Vermietungstätigkeit fortsetzt. Der Sohn zahlt dem Vater € 2.000. Der Vater überweist die € 2.000 an das Finanzamt. Der Sohn holt sich die € 2.000 als Vorsteuer vom Finanzamt retour.

Möchte der Sohn die Liegenschaft für private Zwecke (z. B. eigene Wohnzwecke) nutzen, ist Variante 1 günstiger. Hier zahlt der Vater
€ 1.000 an das Finanzamt retour. Würde er Variante 2 wählen, müsste der Vater € 2.000 an das Finanzamt überweisen.

Wie man sieht, ergeben sich im Zusammenhang mit Immobilienübertragungen komplexe steuerliche Fragestellungen. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

* Der Berichtigungszeitraum liegt bei einer Inbetriebnahme nach dem 1.4.2012 bei 19 Jahren.

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